Spitäler Zentralschweiz

KVV-Revision

Der Bundesrat hat die KVV-Revision «Weiterentwicklung der Planungskriterien sowie Ergänzung der Grundsätze zur Tarifermittlung» in die Vernehmlassung gegeben. Folgend wollen wir Ihnen die effektiven Sachverhalte sowie die Einschätzungen und Haltung der Spitäler Zentralschweiz vermitteln.

Spitäler Zentralschweiz lehnt die Vorlage aus folgenden Gründen ab:

  • Mit dem KVV-Entwurf werden in verfassungswidriger Art Sachverhalte geregelt, die gesetzlichen Grundlagen bedürfen; der Bundesrat überschreitet seine Kompetenz in mehrfacher Hinsicht.
  • Den Krankenversicherern werden mehr Rechte zugestanden, ohne, dass diese Versorgungsverantwortung übernehmen müssen und ohne, dass dafür die Regeln definiert sind.
  • Bei der Spitalplanung wird es künftig vom Bund verordnete Zwangsjacken für die Kantone und Handschellen und Fussfesseln für die Tarifpartner geben.
  • Das heute gut funktionierende Versorgungssystem wird gefährdet; die KVV-Revision bewirkt einen Spitallabbau in einer Zeit, in der im ganzen Land Behörden nach den Pandemieerfahrungen um Betten- und Versorgungskapazitäten kämpfen.
  • Die vorgeschlagene Leistungsvergütung mit einem Benchmark auf dem 25. Perzentil als Höchstwert, führt zu einer verheerenden Unterfinanzierung der Spitäler und Kliniken und gefährdet nachhaltig und langfristig die Schweizer Gesundheitsversorgung. Künftige Generationen werden für die Versäumnisse aufkommen müssen.
  • Im Revisionsentwurf werden zentrale Fragen, wie «Welche medizinische Versorgung soll der Bürger der Region erhalten? Welche Leistungen sind zu zentralisieren? Wo sollen die grossen Versorgungszentren stehen? », nicht geklärt.

Die nachfolgenden Ausführungen erläutern die wichtigsten Kritikpunkte im Detail. Sie manifestieren die eingangs erwähnten Ablehnungsgründe der KVV-Vorlage.

Qualitätsvorgaben

Unbestritten ist, dass Qualitätsmanagement ein wichtiger und ständiger Prozess ist. Diesem stellen sich die Spitäler seit langem und sie sind auch bereit, weiter dafür zu investieren. Die Vorgaben im Verordnungsentwurf schießen jedoch über das Ziel hinaus und verursachen primär eine Qualitätsbürokratie. Sie sind kostentreibend und ohne primären Mehrwert für den Patienten. Des Weiteren fokussieren sie allein auf die Strukturqualität, welche die Interessenvertreter auf den Plan rufen, damit diese ihre Wunschvorstellungen, ungeachtet der Zweckmäßigkeit und Finanzierbarkeit, verankern und verbindlich erklären lassen können. Über die viel wichtigere Ergebnisqualität sagen sie nichts aus. Dass im Verordnungsentwurf nicht die Leistungsqualität im Vordergrund steht, zeigt sich auch darin, dass die angedachten Qualitätsvorgaben nur für die Spitäler gelten. Gesundheitszentren, OP-Zentren, Facharztpraxen oder freischaffende Gesundheitsfachpersonen unterstehen den Qualitätsvorgaben nicht. Nachdem die Ambulantisierung jedoch rasch voranschreitet, wäre eine Gleichbehandlung zwingend und im Sinne der Patientinnen und Patienten. Sofern der Bund (zusammen mit den Kantonen) neue Qualitätsvorgaben gemäss dem Willen des Gesetzgebers einführen will, muss dies koordiniert und aufeinander abgestimmt ablaufen und wie bereits mehrmals gefordert auf die Leistung bezogen sein und nicht auf den Erbringer der Leistung. Allfällig notwendige neue Qualitätsvorgaben sollen dann im Rahmen eines nationalen Qualitätskonzeptes für alle Leistungserbringer verbindlich geregelt werden.

Tarifierung

Die nachhaltige und langfristige Finanzierung der Schweizer Gesundheitsversorgung ist heute schon nicht mehr sichergestellt. Die Inkraftsetzung der Verordnungsänderungen auf dem 25. Perzentil führt zu einem weiteren Einnahmenausfall bei den Spitälern. Bereits heute besteht bei den Spitälern eine jährliche Unterdeckung von über CHF 1.2 Mia im OKP-Bereich (Quelle: SpitalBenchmark). Wer diese Unterdeckung finanzieren soll, bleibt derBundesrat in seinen Ausführungen schuldig. Naheliegend ist, dass die öffentliche Hand, d.h. Kantone und Gemeinden, für die entstehende Unterdeckung aufkommen müssen. Konsequenterweise müsste der Bundesrat dies im KVG festhalten. Die Folgen liegen auf der Hand: Ohne zusätzliche Subventionen stehen bis zu 120 Spitäler direkt vor dem ökonomischen Scheitern und somit vor der Schließung. Viele weitere können das notwendige Eigenkapital für Investitionen nicht äufnen. Damit wird künftig die Qualität der Gesundheitsversorgung je nach Finanzstärke der Region sehr unterschiedlich sein. Es muss davon ausgegangen werden, dass keine einzelne Maßnahme im Verordnungsentwurf effektiv kostensenkend wirkt.

Systematik Spitalleistungsgruppen (SPLG) 

Nach Verordnungsentwurf wird das Zürcher Planungssystem für alle Kantone bzw. Spitäler verpflichtend. Die SPLG ist eine Arbeit der Gesundheitsdirektion Zürich und entsprechend primär auf die Bedürfnisse des Kantons Zürich ausgelegt. Sie wurde ohne Mitwirkung der anderen Kantone und Spitäler erstellt. Entsprechend fehlt die Legitimation für einen nationalen Standard. Dies auch unter dem Gesichtspunkt der notwendigen Weiterentwicklung und Wartung, welche ohne Einbezug der Kantone und Spitäler erfolgt. Somit dürfte eine Ausweitung des Zürcher-Modells ein weiterer Bürokratisierungsakt sein, der weder zweckmässig noch kostendämmend ist.

Personaldotationsvorgaben 

Mit den Verordnungsanpassungen werden verbindliche Vorgaben zur Personaldotation verankert. Dies wird einer effizienten Betriebsführung eines Spitals keinesfalls gerecht. Es ist eine zentrale Aufgabe der Spitalführung, das richtige Personal am richtigen Ort einzusetzen. Der optimale Personalmix hängt von vielen Faktoren (u.a. Leistungsspektrum, Patientengut, Kooperationsmöglichkeiten, Skill-Grade-Mix) ab und muss flexibel angepasst werden können. Eine Verordnung kann dies unmöglich für die ganze Schweiz sinnvoll und gewinnbringend regeln; ein weiterer Kostentreiber.